Appetit auf Plastik
Innovation – Biotechnologie
Plastikfressende Bakterien könnten das weltweite Müllproblem reduzieren, wie Forschende des Forschungszentrums Jülich und der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf gezeigt haben: Erstmals konnten sie nachweisen, dass Bakterien der Gattung Halopseudomonas häufig verwendete Kunststoffbeschichtungen aus Polyesterurethan zersetzen können.
Juni 2024
Mithilfe von Bakterien

»Im großen Kontext geht es bei unserer Arbeit um Plastik-Upcycling, also um eine nachhaltige Kreislaufwirtschaft.«
Prof. Nick Wierckx
vom Institut für Biotechnologie will unser Plastikmüllproblem lösen – mithilfe von Bakterien der Gattung Halopseudomonas.
Herr Wierckx, Ihr Team hat gemeinsam mit Wissenschaftler:innen von der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf ein Bakterium entdeckt, das helfen kann, Plastikmüll zu vermeiden. Wie macht es das?
Wierckx: Das Bakterium Halopseudomonas baut Polyesterurethan, kurz PEU, ab. Das ist ein Kunststoff, mit dem zum Beispiel Fischernetze beschichtet werden, um sie langlebiger zu machen. Im ersten Schritt zerlegt das Bakterium den Kunststoff mit einem Enzym in seine Einzelteile. Diese Bausteine verwertet es dann.
Neue Technologien des Forschungszentrums Jülich nutzen und weiterentwickeln
Wie sind Sie auf das Bakterium aufmerksam geworden?
Wierckx: Im Rahmen des EU-Projekts Glaukos suchen wir Lösungen für das Recycling von Fischernetzen. Dafür haben wir Kompost auf PEU-Proben gegeben. Unsere Idee: Von den unzähligen im Kompost lebenden Bakterien überleben nur diejenigen, die PEU verstoffwechseln.
Das schafften nur die Halopseudomonas-Bakterien. Erstaunlicherweise haben Kolleg:innen der Heinrich-Heine-Universität Bakterien desselben Stamms in einem anderen Biotop entdeckt: in der Tiefsee.
Welches Potenzial sehen Sie in dem Fund?
Wierckx: Gelingt es uns, die Plastikabbaufähigkeit des Bakteriums zu steigern und die Bakterien in großer Zahl zu kultivieren, könnten sie industriell genutzt werden. Im großen Kontext geht es bei unserer Arbeit um Plastik-Upcycling, also um eine nachhaltige Kreislaufwirtschaft.
Wenn langkettige Kunststoffmoleküle oder Verbundstoffe in ihre Einzelteile zerlegt werden, können sie als Bausteine für neue Stoffe genutzt werden.
Ein Film von Halopseudomonas-Bakterien auf Agar-Agar
bildet irisierende Strukturen und schillert im Licht.

Bildnachweis: Forschungszentrum Jülich mit Adobe Firefly, 2024
Redaktion: SeitenPlan
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