Einzigartige Feldlabor-Forschung für robuste Nutzpflanzen der Zukunft vorgestellt

Neue landwirtschaftliche Anbaumethoden und alternative Feldfrüchte – auf eigens aufgeschütteten Feldern an der Sophienhöhe untersucht das Forschungszentrum Jülich, wie Pflanzen auf nährstoffarmen Substraten ressourcenschonend mit möglichst wenig Nährstoffen und Wasser ertragreich angebaut werden können.

Färberdisteln auf dem Feldlabor im Tagebau Hambach. Im Hintergrund klein zu sehen ein Schaufelradbagger
Feldlabore für ressourceneffiziente Pflanzenproduktion im Tagebau Hambach, hier Färberdistel. | Quelle: Forschungszentrum Jülich/BioökonomieREVIER/Anke Krüger

Heute wurden diese besonderen Feldlabore des BioökonomieREVIER-Projekts „AgroInnovationLabs“ am Tagebau Hambach im Rheinischen Revier im Beisein von Jülicher Forschenden, beteiligten Landwirten, Vertretern der RWE Power sowie der Region vorgestellt.

„Wir brauchen Nutzpflanzen, die mit wenig Wasser und Nährstoffen gute Erträge liefern. Das gilt sowohl für klassische Nutzpflanzen, die hinterher auf normalen landwirtschaftlichen Böden angebaut werden, wie auch für Pflanzen, die auf nährstoffarmen Böden gedeihen und dort zur Produktion von nachwachsenden Rohstoffen genutzt werden können. Um das zu erforschen, haben wir hier ein Feldlabor mit RWE aufgebaut, das durch die Kombination der Böden und unsere experimentelle Infrastruktur weltweit einzigartig ist“, sagt Prof. Ulrich Schurr, Direktor am Institut für Pflanzenwissenschaften am Forschungszentrum Jülich und Initiator von BioökonomieREVIER. Hierfür arbeiten Forschende mit Unternehmen und Landwirtschaft zusammen.

Die Feldlabore mit extrem nährstoffarmen, sandigen Substraten wurden mit Gehalten von 0, 10, 20 und 30 Prozent an Löss gezielt und gleichmäßig angelegt. Das Sediment Löss ist Grundlage für die Entwicklung verschiedener, nährstoffreicher Böden. RWE Power hat die sechs Hektar große Fläche nach den Vorgaben der Forschenden aufgeschüttet und dem Forschungszentrum Jülich zur Verfügung gestellt.

Kalkulierter Wasser- und Nährstoffstress

„Im Gegensatz zu gewachsenen landwirtschaftlichen Böden wurde auf diesen homogenen Substraten nie Dünger eingebracht – sie sind quasi ohne Dünger-Historie“, erläutert die Jülicher Pflanzenforscherin Dr. Christina Kuchendorf. „So wird eine sparsame, nachverfolgbare Nährstoffgabe möglich. Wir können damit Nutzpflanzen auf ihre Nährstoff- und Wassereffizienz testen, für anspruchslose Pflanzen den Mindestbedarf für ausreichende Pflanzenproduktivität ermitteln und den Einfluss verschiedener Bodenverbesserer testen.“

Dünger aus der Biogasanlage

Die Forschenden untersuchen zum Beispiel geeignete Düngemethoden und Effekte von Pflanzen, die den Boden verbessern, etwa durch Fixierung des Luftstickstoffs. Zur Düngung kommen organische Dünger wie Gärreste aus Biogasanlagen und mit Gülle aufgeladene Pflanzenkohle zum Einsatz, deren Nährstoffe langsam an die Pflanzen abgegeben und weniger schnell ausgewaschen werden. Sie regen zudem die Humusbildung an und bilden eine Kohlenstoffsenke.

Neueste Technologie zur Pflanzenvermessung

Die Datenerhebung zur Produktivität der Pflanzen, zu Boden- und Mikroklima an dem wetterausgesetzten Standort an der Sophienhöhe erfolgt ganzjährig. Die Messung erfolgt dabei mit neuesten Technologien direkt an der Pflanze, im Boden und aus der Luft, ohne dass das Pflanzenwachstum beeinträchtigt wird. Die Aufnahme der Daten aus der Luft erfolgt in Zusammenarbeit mit dem benachbarten Ultraleicht-Aero-Club Morschenich e.V.

Pflanzen als Rohstofflieferanten

Nach ersten Tests in 2023 starten jetzt die Pflanzen- und Düngeversuche, bei denen die Leistung der Pflanzen im Freilandlabor untersucht wird. Angebaut wird in diesem Jahr u. a. die anspruchslose Färberdistel als potenzieller Lieferant für Fasern und hochwertige Industrie-Öle. Sie sorgt mit ihrer tiefen Pfahlwurzel für Kohlenstoffeintrag in den Boden und fördert mit einer langen Blütezeit die Biodiversität. Neben einjährigen Pflanzen wurden zudem mehrjährige Biomasseproduzenten und Bodenverbesserer angepflanzt. Weitere Pflanzen, die Rohstoffe für die Pharma- und Kosmetikindustrie liefern, werden folgen. Aber auch Getreide werden hier in einmaliger Art und Weise auf ihre Nährstoffeffizienz getestet. Das aktuelle Anbaujahr verläuft aufgrund der hohen Regenmengen verspätet. Die Pflanzen müssen zeigen, wie sie damit zurechtkommen.

„Als Partner der Region und guter Nachbar des Forschungszentrums Jülich waren wir gerne bereit, mit unserem Know-how die Fläche für die Feldlabore vorzubereiten. Nach Abschluss der Forschungsarbeiten wird das Gelände Teil der forstlichen Rekultivierung der Sophienhöhe“, so Hendrik Stemann, Leiter Tagebauplanung der RWE Power AG.

Einzigartige Feldlabor-Forschung für robuste Nutzpflanzen der Zukunft vorgestellt
Vorstellung der Feldlabor-Forschung für robuste Nutzpflanzen an der Sophienhöhe: v. l. Daniel Keller (Tagebauplanung, RWE Power AG), Boris Linden (Geschäftsführer Neuland Hambach), Frank Rombey (Bürgermeister Niederzier), Elmar Kampkötter (Leiter Rekultivierung RWE Power AG), Prof. Ulrich Schurr (FZJ, Institut für Pflanzenwissenschaften), Burkhard Liesen (Landwirt, Scheidtweilerhof, Nörvenich), Dr. Arnd Kuhn (FZJ, Institut für Pflanzenwissenschaften), Henrik Stemann (Leiter Tagebauplanung RWE Power AG), Dr. Christina Kuchendorf (FZJ, Institut für Pflanzenwissenschaften) | Copyrights: Limbach/Forschungszentrum Jülich

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Weiterführende Information

Die Strukturwandelinitiative BioökonomieREVIER

BioökonomieREVIER wurde 2018 am Forschungszentrum Jülich initiiert. Sie versteht sich als Gestalter für die Transformation des Wirtschaftssystems im Rheinischen Revier hin zu einer zirkulären, nachhaltigen Bioökonomie. Durch gezieltes Innovationsmanagement werden klimaneutrale, ressourceneffiziente und biobasierte Geschäftsmodelle und neue Wertschöpfungsketten aufgebaut. Sie sollen zur Kompensation der Folgen des Braunkohleausstiegs beitragen. Die Koordinierungsstelle agiert als fachlicher Partner in der Region und wirkt an zentraler Stelle daran mit, dass ein auf regionale Stärken aufbauendes Innovationssystem und neue Arbeitsplätze entstehen. Gemeinsam mit Akteuren aus der Region wird eine Modellregion für nachhaltige Bioökonomie im Rheinischen Revier entwickelt.

Ein weiterer Teil der Initiative ist das Innovationscluster BioökonomieREVIER, bestehend aus 14 sogenannten „Innovationslaboren“, die vom Bundesministerium für Bildung und Forschung im Sofortprogramm Plus für den Strukturwandel gefördert werden. „AgroInnovationLabs“ ist eines dieser Innovationslabore, bei denen es sich um vielversprechende Forschungsansätze mit sehr guten wirtschaftlichen Umsetzungs- und Kooperationsmöglichkeiten für die Region handelt. www.BiooekonomieREVIER.de

Ansprechpartner

Prof. Dr. Ulrich Schurr

Institutsleiter IBG-2

  • Institut für Bio- und Geowissenschaften (IBG)
  • Pflanzenwissenschaften (IBG-2)
Gebäude 06.2 /
Raum 401
+49 2461/61-3073
E-Mail

Dr. Christina Kuchendorf

AgroInnovationLabs - MarginalFieldLab

  • Institut für Bio- und Geowissenschaften (IBG)
  • Pflanzenwissenschaften (IBG-2)
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Raum R 218
+49 2461/61-3207
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  • Institut für Bio- und Geowissenschaften (IBG)
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Kommunikation, Stellvertretende Leitung BioökonomieREVIER

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    Letzte Änderung: 02.07.2024