Neuer Wert für Zerfallskonstante des Hyperons bestätigt
Jülich, 7. November 2019 – Das “Review of Particle Physics” gilt als Standard-Nachschlagewerk der Elementarteilchenphysik. Messungen am chinesischen BEPC-Speicherring, die nahelegten, dass einer der Werte um gleich einmal 17 Prozent nach oben korrigiert werden muss, fanden daher unter Physikern einige Beachtung. Forscher aus Bonn, Glasgow, Washington und Jülich haben das Ergebnis nun mit einer unabhängigen Methode ermittelt – es geht dabei um die Zerfallskonstante des Lambda-Hyperons – und einen viel höheren Wert bestätigt.
Die Wissenschaftler nutzten für ihre Analyse bereits publizierte Daten, die aus Messungen des CLAS-Detektors am Jefferson Laboratory in den USA stammen. Erste Messungen des Zerfalls in den Jahren 1968 und 1972 ergaben einen Wert von 0,64, während die Forscher jetzt auf Werte von 0,72 bis 0,75 kommen.
Hyperonen sind extrem kurzlebige Teilchen, die ähnlich wie Protonen und Neutronen aus drei Quarks bestehen. Anders als diese setzen sie sich jedoch nicht nur aus Up- und Down-Quarks zusammen, sondern enthalten darüber hinaus noch eine weitere Quarksorte, die „seltsamen“ Strange-Quarks. Lambda-Hyperonen enthalten genau ein Strange-Quark, ihr Zerfall findet teils „paritätserhaltend“ und teils „paritätsverletzend“ statt.
Der paritätsverletzende Zerfall läuft je nach Ausrichtung der Spins bevorzugt in bestimmten Raumrichtungen ab, was sich an einer charakteristischen Winkelverteilung der Zerfallsprodukte ablesen lässt. Der Zerfallsparameter Alpha beschreibt, in welchem Verhältnis diese beiden Zerfallsarten stehen. Damit ist er ähnlich wie die Masse oder Ladung eine physikalische Kenngröße, die für fundamentale Fragen eine Rolle spielt.
Darüber hinaus ist aber noch ein anderer Aspekt wichtig. Weil sich die Winkelverteilung der Zerfallsprodukte leicht messen lässt, wird diese oftmals genutzt, um die Polarisation – also die Ausrichtung der Spins – des Lambda-Hyperons zu bestimmen. Die meisten Messungen, bei denen die Spin-Ausrichtung des Lambda-Hyperons eine Rolle spielt, verwenden damit die Zerfallskonstante zur Kalibrierung. Die Änderung dieses Werts um 17 Prozent bedeutet nun, dass nicht nur der Eintrag im “Review of Particle Physics”, sondern auch alle Arbeiten und Daten, die auf dem alten Literaturwert beruhen, korrigiert werden müssen. Betroffen sind davon unter anderem, die Zerfallskonstanten von schwereren Hyperonen, die Datenanalyse der Kaonenproduktion, sowie Messungen der transversen Polarisation von Lambda-Hyperonen in der Schwerionenphysik.
Originalpublikation:
Kaon Photoproduction and the Λ Decay Parameter α_
D. G. Ireland, M. Döring, D. I. Glazier, J. Haidenbauer, M. Mai, R. Murray-Smith, and D. Rönchen
Phys. Rev. Lett. 123, 182301 – Published 28 October 2019, DOI: 10.1103/PhysRevLett.123.182301
Polarization and entanglement in baryon–antibaryon pair production in electron–positron annihilation
The BESIII Collaboration
Nature Physics (published online 6 May 2019), DOI: 10.1038/s41567-019-0494-8
Weitere Informationen:
„Λ-hyperon anomaly confirmed“, Beitrag im Cern Courier vom 1. November 2019 (in Englisch)
„Folgenreicher Fehler in 50 Jahre alter Studie“, Artikel in Spektrum.de vom 8. Mai 2019
„Anomalous asymmetry”, Nature Physics News & Views vom 6. Mai 2019
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