Fortschrittliche Rastersondenmikroskopie

Wir sind ein diverses Team, das Energiematerialien und Elektrokatalysatoren mit Hilfe fortschrittlicher Rasterkraftmikroskopie (AFM) und Nanoindentation untersucht. Kraft-Distanz-Kurven und stromempfindliche AFM-Modi zeigen nanomechanische und nanoelektrische Eigenschaften in Elektrolyseur- und Batteriematerialien. Die elektrochemische Dehnungsmikroskopie (ESM) erforscht die Li-Ionen-Mobilität durch elektro-chemo-mechanische Kopplungen in Batteriekomponenten wie Kathoden, Anoden und Festkörperelektrolyten. Diese Techniken werden durch Nanoindentation zur Analyse der mechanischen Eigenschaften ergänzt. Auf diese Weise können wir Zusammenhänge zwischen strukturellen, elektrischen, chemischen und mechanischen Eigenschaften aufdecken. Zusätzliche In-operando Analysen, die durch den Einsatz selbstentwickelter elektrochemischer Zellen ermöglicht werden, geben Aufschluss über zeit- und elektrochemisch belastungsabhängige Phänomene, wie z. B. die Entwicklung der Feststoff-Elektrolyt-Interphase in Lithium-Batterieanoden.

Rasterkraftmikroskopie (AFM) und Nanoindentation

Fortschrittliche Rastersondenmikroskopie
a) Ein Cantilever schwingt, und das reflektierte Lasersignal wird an einer geteilten Photodiode erfasst. b) Aus einer Kraft-Weg-Kurve lassen sich nanomechanische Eigenschaften wie die Steifigkeit ableiten.
Forschungszentrum Jülich GmbH / F. Hausen, J. Borowec

Die Rasterkraftmikroskopie ist eine vielseitige Technik, die in verschiedenen Umgebungen eingesetzt werden kann, vom Ultrahochvakuum bis zu elektrochemischen Zellen. Die Auslenkung eines Cantilevers wird mittles eines Lasers, der auf seiner Rückseite über der Spitze ausgerichtet ist, auf einer unterteilten Fotodiode detektiert, die die Bewegung des Cantilevers in ein Spannungssignal umsetzt. Ein piezoelektrischer Scanner bewegt den Cantilever auf der Grundlage der erfassten Spannungssignale und ermöglicht so eine hochpräzise Steuerung und Messung bis in den Subnanometerbereich. In dynamischen Modi schwingt der Cantilever, z. B. im PeakForce Tapping Mode (Bruker, USA). Der Cantilever wird auf die Probe zu- und von ihr wegbewegt. Während dieses Zyklus erfährt der Cantilever anziehende oder abstoßende Kräfte, die exakt gemessen werden. Das Signal kann dann beispielsweise in Kraft-Distanz-Kurven umgewandelt und nanomechanische Probeneigenschaften, wie z. B. die Steifigkeit, berechnet werden. Gleichzeitig werden mit Hilfe von leitfähigen Spitzen und zusätzlichen Stromsensormodulen die nanoelektrischen Eigenschaften der Proben ermittelt.

Fortschrittliche Rastersondenmikroskopie
a) Elektrochemische AFM-Zelle für Einkristalle. b) Querschnitt A-A der Zelle.
Forschungszentrum GmbH / J. Borowec

Neben der ex-situ Analyse werden AFM-Messungen auch in-situ/in-operando durchgeführt. Wir verwenden selbstgebaute elektrochemische AFM-Zellen für Einkristalle und dünne Filme. Das Einsetzen der Arbeitselektrode dichtet die Zelle ab und ermöglicht es, die Zellkammern mit Elektrolyten zu füllen. Der Elektrolyt kann während der Experimente über Schläuche ausgetauscht werden, und ein separates Reservoir für die Referenzelektrode verringert mögliche Verunreinigungen und gewährleistet ein stabiles Referenzpotential.

Eine weitere fortschrittliche AFM-Technik, die wir in unserem Labor einsetzen, ist die elektrochemische Dehnungsmikroskopie (ESM). Dieses Verfahren basiert auf der elektro-chemisch-mechanischen Kopplung und liefert Informationen über die lokale ionische Leitfähigkeit. Sie wird vor allem bei der Untersuchung von Batteriematerialien eingesetzt, von Kathoden und Anoden bis hin zu Festkörperelektrolyten. 1 Wir tragen zu einem besseren Verständnis des komplexen Signalentstehungsprozesses bei und erforschen Anwendungen der ESM, insbesondere in Korrelation mit anderen Techniken wie der Nahkanten-Röntgenabsorptionsfeinstrukturspektroskopie (NEXAFS) und der Nanoindentation. 2

Während das AFM in der Regel nur die Probenoberfläche mit möglichen Eindringtiefen von wenigen nm abtastet, wird die Probe bei der Nanoindentation mit Auslenkungen von bis zu einigen µm eingedrückt. Insgesamt deckt unsere Gruppe ein breites Spektrum an hochauflösenden Charakterisierungstechniken ab. Im Folgenden werden Beispielstudien zu Elektrolyseur- und Batterie-Energie-Materialien vorgestellt.

Elektrolyseur

Grüner Wasserstoff, der aus erneuerbaren Energiequellen hergestellt wird, ist von grundlegender Bedeutung für den Übergang zu nachhaltigen Energiesystemen. Die Wasserelektrolyse, das Verfahren zur Herstellung von Wasserstoff aus Wasser mit Hilfe von Elektrizität, ist zwar eine etablierte Technologie, aber die hohen Herstellungs- und Produktionskosten verhindern einen kommerziellen Durchbruch. Unsere Forschungs- und Entwicklungsanstrengungen konzentrieren sich auf das Verständnis der Alterungserscheinungen dieser Systeme und auf die Verbesserung der Haltbarkeit.

In einer AFM- und Nanoindentationsstudie an einem langfristig betriebenen Elektrolyseur-material, genauer der Anode der Protonenaustauschmembran-Elektrodenbaugruppe, wurde die Anodenalterung mit Hilfe einer auf Kraft-Distanz-Kurven basierenden und stromsensitiven AFM-Analyse analysiert. 3 Mittels AFM wurde die nanoskalige Verteilung der Katalysator- und Ionomeroberflächenarten gezeigt. Die Kartierung der Steifigkeit über einen Bereich zeigt steifere Domänen, die auf das Vorhandensein von Katalysatorpartikeln hinweisen, die entsprechend elektrisch leitfähig sind, wie der entsprechenden Kontaktstrom aufzeigt.

Fortschrittliche Rastersondenmikroskopie
Topographie einer Protonenaustauschmembran-Elektrodenanordnung. b) Eine hochauflösende Topographie, der in a) gezeigten Markierung. c) Die entsprechende Steifigkeitskarte zeigt, dass Katalysatorpartikel mit hoher Steifigkeit in einer Ionomermatrix mit geringerer Steifigkeit eingebettet sind. d) Die entsprechende Kontaktstromkarte zeigt, dass ein Strom nur an elektrisch leitfähigen Katalysatorpartikeln gemessen wird. Abgeändert und wiedergegeben aus https://doi.org/10.1039/D4TA07367C.
Forschungszentrum Jülich GmbH / J. Borowec

Um die Leistung von Metall-Luft-Batteriesystemen und Festkörperbatterien zu steigern und hohe Energiedichten, eine längere Lebensdauer und eine verbesserte Zyklenfestigkeit bei gleichzeitiger thermischer Stabilität und Sicherheit zu erreichen, ist ein genaues Verständnis der Mechanismen und Prozesse in Batteriematerialien unter elektrochemischer Belastung erforderlich. Degradation, Grenzflächeneigenschaften und Interkalation/Deinterkalation finden auf molekularer Ebene statt, weshalb wir hochauflösende und fortschrittliche Rastersondenmikroskopien einsetzen und mit anderen Techniken korrelieren. Um auch luft- und feuchtigkeitsempfindliche Batteriematerialien zu charakterisieren, werden solche Experimente in einem Glove-Box-System durchgeführt.

In einer unserer Studien über das Kathodenmaterial NCM622 (LiNi0,6Co0,2Mn0,2O2) für Lithium-Ionen-Batterien wurde die ESM eingesetzt, um die Li-Ionen-Mobilität zu verstehen, und die Nanoindentation, um die mechanischen Eigenschaften des Materials mit dem chemischen Zustand und der Ionenmobilität in Beziehung zu setzen 4. Die Topografie zeigt ein Ensemble von NCM622-Partikeln, die sich in einem 0 %igen Ladezustand (SOC) befinden. Die gleichzeitig aufgezeichnete ESM-Amplitudenkarte zeigt eine erhöhte Li-Ionenmobilität innerhalb der Partikel im Vergleich zum Bindemittel. Außerdem sind Amplitudenschwankungen innerhalb der einzelnen Partikel zu beobachten.

Fortschrittliche Rastersondenmikroskopie
a) Topografie eines Ensembles von NCM622-Partikeln bei 0 % Ladezustand (SOC). b) Gleichzeitig aufgezeichnete ESM-Amplitudenbilder, die die lokale Li-Ionen-Mobilität innerhalb der Partikel zeigen. Gelbe Farben zeigen eine hohe Mobilität an, während die blaue Farbe für eine niedrige ESM-Amplitude steht. Bei einzelnen Partikeln sind deutliche Schwankungen zu beobachten. (c) Kontaktresonanzfrequenz des Kontakts zwischen Spitze und Probe für die gleiche Position wie in a) und b). Variationen in der Steifigkeit des Materials führen zu Variationen im beobachteten Signal. Dadurch können die NCM-Partikel deutlich vom umgebenden Bindemittel unterschieden werden. Obwohl weniger deutlich als beim ESM-Amplitudensignal, werden etwas höhere Kontaktresonanzfrequenzen (rote Farben) an den äußeren Teilen der Partikel gefunden (https://doi.org/10.1002/elsa.202300017)
Forschungszentrum Jülich GmbH / J. Borowec

Ansprechpartner

Prof. Dr. Florian HausenActing Department HeadGebäude 01.3z / Raum R 3010+49 2461/61-4412
Julian BorowecGebäude 09.7 / Raum 305+49 2461/61-96901
Letzte Änderung: 14.02.2025