Die Quantencomputer-Infrastruktur am JSC wächst weiter

Die am JSC angesiedelte Jülich Unified Infrastructure for Quantum computing (JUNIQ) ist eine herstellerunabhängige, öffentliche Quantencomputer-Infrastruktur. Über ihre einheitliche Quantum Computing Platform as a Service (QC-PaaS) können europäische Nutzer:innen auf Quantencomputer-Emulatoren und -Technologien unterschiedlicher Art und technologischer Reife zugreifen. Diese werden kontinuierlich weiterentwickelt und ergänzt. Damit bietet JUNIQ Wissenschaft und Industrie Zugriff auf modernste Quantencomputer. Da diese zugleich in die modulare HPC (High Performance Computing)-Umgebung des JSC integriert werden, sind sogar hybride Quantum-HPC-Anwendungen möglich – das macht JUNIQ so besonders.

Aktuell bietet JUNIQ Zugang zum Software-Simulator JUQCS, zum D-Wave Advantage™ System JUPSI, einem Quantenannealer, und künftig auch zu einem Quantensimulator des Herstellers Pasqal. Und es wird weiter aufgestockt: Mit dem „IQM Spark“ hat das JSC ein 5-Qubit-Quantensystem des deutsch-finnischen Herstellers IQM Quantum Computers erworben. Daneben baut es gemeinsam mit dem Siegener Start-up eleQtron im Rahmen des Projekts „EPIQ“ einen modularen Verbund, der aus einem klassischen digitalen Modul und einem Quantencomputermodul besteht.

Die Quantencomputer-Infrastruktur am JSC wächst weiter
Gebäude der Jülich Unified Infrastructure for Quantum computing (JUNIQ). Copyright: — Forschungszentrum Jülich / Michael Bresser.

Das IQM Spark System soll als Teil von JUNIQ im Juli 2024 in Betrieb gehen und ebenfalls mit den Supercomputern des JSC verbunden werden. Forschende können so untersuchen, wie sich Berechnungen auf klassischen Superrechnern mit Hilfe von Quantencomputern beschleunigen lassen. IQM Spark wurde speziell für grundlegende Experimente und den Einsatz in der Lehre an Universitäten und Forschungseinrichtungen entwickelt. Seine Qubits werden mithilfe supraleitender Elemente erzeugt, die auf dem sogenannten Josephson-Effekt beruhen. Diese müssen auf Temperaturen in der Nähe des absoluten Nullpunkts bei minus 273,15 Grad Celsius gekühlt werden, damit die empfindlichen Quanteneigenschaften nicht verloren gehen.

Einsatz in Lehre und Forschung

Das Spark-System von IQM verfügt über zahlreiche Erweiterungs- und Verbindungsmöglichkeiten und passt damit sehr gut zum Jülicher JUNIQ-Konzept. Dieses zielt darauf ab, Quantencomputer in dynamischer Verbindung mit klassischen Superrechnern zu betreiben und diese in Form sogenannter quantenklassischer Hybrid-Computing-Systeme in die modulare High-Performance-Computing-Umgebung des JSC zu integrieren. „JUNIQ bietet die einzigartige Möglichkeit, verschiedene Quantencomputersysteme und Konzepte auf einer Plattform miteinander zu vergleichen“, erklärt Projektleiterin Kristel Michielsen. „Der eleQtron-Quantencomputer wird als Referenz für die Einordnung anderer Systeme dienen.“

EPIQ steht für „Entwicklungspartnerschaft Ionenfallen-Quantencomputer in NRW“, ein Projekt, das aus dem Netzwerk „EIN Quantum NRW“ entstanden ist und vom Ministerium für Kultur und Wissenschaft des Landes Nordrhein-Westfalen mit etwa 21 Millionen Euro für eine Laufzeit von 4,5 Jahren gefördert wird. Das Besondere an dieser Art von Quantenrechner: Die Qubits bestehen aus Ionen in Ionenfallen. Einzelne Ionen werden durch elektromagnetische Felder im Vakuum wie an einer Perlenkette aufgereiht und werden über eine einzigartige Mikrowellensteuerung kontrolliert – erfunden an der Universität Siegen. Anders als supraleitende Qubits müssen Ionenfallen nicht so stark gekühlt werden. Das macht es einfacher, auch größere Quantenprozessoren mit sehr vielen Qubits auf der nötigen Temperatur zu halten.

Entwicklung zum gatterbasierten Quantencomputer

Das EPIQ-Pilotsystem soll bis Ende des Jahres mit bis zu 30 Ionenfallen-Qubits aufgebaut werden und wird anschließend in JUNIQ integriert. Anwender:innen soll es voraussichtlich ab 2025 zur Verfügung stehen. Im zweiten Schritt wird es zum serienreifen „gatterbasierten“ Quantencomputer mit bis zu 60 Qubits entwickelt, mit den HPC-Systemen des JSC integriert, und ab 2026 in JUNIQ im hybriden Modus eingesetzt. Dieses System ist der erste gatterbasierte Quantencomputer, der am Standort Forschungszentrum Jülich in den wissenschaftlichen Anwendungsbetrieb gehen wird.

Gatterbasierte Quantencomputer lassen sich prinzipiell für ein breiteres Spektrum an Problemen einsetzen als Quanten-Annealer und versprechen somit, vielseitiger zu sein. Anwendungsfelder werden beispielsweise Optimierungsaufgaben in industriellen Bereichen wie Logistik, Verkehrsoptimierung oder Verfahrenstechnik sein. Auch in den Grundlagenwissenschaften wie Physik, Chemie, Biologie und Medizin sowie Materialforschung käme der Quantenrechner zum Einsatz. Vielversprechend ist sein möglicher Nutzen darüber hinaus in den Bereichen Maschinelles Lernen und Künstliche Intelligenz.

Weitere Informationen: Zuwachs für Jülicher Quantencomputer-Infrastruktur (fz-juelich.de) und EPIQ: Ein Quanten-Supercomputer made in NRW (fz-juelich.de) sowie Link zu einem virtuellen Rundgang durch das Quantencomputer-Gebäude.

Kontakt: Kristel Michielsen (JSC)

Letzte Änderung: 11.09.2024