Jülicher Expertise zum dritten IPCC-Teilbericht

Jülich, 1. April 2022 – Der dritte Teil des neuen Sachstandsberichts des Weltklimarats wird am kommenden Montag, 4. April 2022, offiziell vorgestellt. Im Mittelpunkt steht die Frage, wie nach jetzigem Kenntnisstand der Klimawandel gemindert werden kann. Drei Jülicher Wissenschaftler aus der Boden- und aus der Pflanzenforschung sind auf der Liste der Expert:innen, die die Helmholtz-Klima-Initiative zu dem neuen Teilbericht zusammengestellt hat. Hintergrundinformationen bietet auch das Deutsche Klima-Konsortium, dem das Forschungszentrum Jülich ebenfalls angehört.

Der dritte Teil des sechsten Sachstandsberichts des Weltklimarats IPCC beschreibt, was die Menschheit tun muss, um den Klimawandel bei einer Erwärmung von 1,5 Grad zu stoppen. Es geht also zum Beispiel um die Minderung unserer Treibhausgasemissionen aus Kohlekraftwerken, Verkehr oder Heizungsanlagen. Dabei gilt es, viele Hindernisse zu überwinden, zum Beispiel Abhängigkeiten von Öl und Gas, von Techniken zur CO2-Entnahme und vom Feststecken in etablierten Finanzströmen.


Prof. Nicolas Brüggemann und Dr. Alexander Graf vom Jülicher Institut für Agrosphäre nehmen dazu Stellung, welche Rolle die Böden als Speicher von CO2 spielen und was getan werden muss, um die Folgen des Klimawandels für sie zu mindern. Prof. Ulrich Schurr, Leiter des Jülicher Instituts für Pflanzenwissenschaften, stellt heraus, dass es neben der Energie- auch eine Ressourcenwende braucht, um den Klimawandel zu mindern. Im Zentrum steht dabei eine nachhaltige Kreislaufwirtschaft auf Basis biologischer Systeme, wie sie gerade in der Pilotregion Rheinisches Revier mit der Initiative BioökonomieREVIER erforscht und umgesetzt wird.

Die Einschätzungen der drei Jülicher Wissenschaftler:

Jülicher Expertise zum dritten IPCC-Teilbericht
Prof. Nicolas Brüggemann
Forschungszentrum Jülich / Sascha Kreklau

Prof. Nicolas Brüggemann, Institut für Agrosphäre:
"Die wichtigste Methode, um die Folgen des Klimawandels für die Böden zu mindern, ist, die Menge an organischem Kohlenstoff im Boden zu erhöhen. Dies kann man dadurch erreichen, dass mehr organisches Material in den Boden eingebracht als durch Zersetzung wieder abgebaut wird, zum Beispiel durch Einbringen großer Mengen von humusbildenden, organischen Substanzen wie abgestorbene Pflanzenreste, Mist, Kompost oder Pflanzenkohle. Außerdem müssen die Böden möglichst dicht bewachsen sein – aber nicht mit anfälligen 'Plantagen' wie Fichtenmonokulturen, die eigentlich nicht hierhergehören. Je mehr auf den Böden wächst, desto besser ist ihre Durchwurzelung. Und weit verzweigte Wurzeln speichern jede Menge Kohlenstoff."

Jülicher Expertise zum dritten IPCC-Teilbericht
Dr. Alexander Graf
Forschungszentrum Jülich / Sascha Kreklau

Dr. Alexander Graf, Institut für Agrosphäre:
"Böden und Pflanzen als CO2-Speicher werden umso interessanter, je knapper die Zeit und das Kohlenstoff-Restbudget werden, das noch in die Atmosphäre gelangen darf, wenn wir den Klimawandel wirksam begrenzen wollen. Untersuchungen zeigen: Es gibt punktuelle Fortschritte dabei, die sogenannte Landsenke zu vergrößern. Das darf aber nicht als Begründung dafür dienen, nicht in erster Linie die CO2-Emissionen aus fossilen Brennstoffen zu verringern. Vielmehr muss die Landsenke selbst vor Auswirkungen des Klimawandels wie Dürren geschützt werden, wenn sie auch zukünftig funktionieren soll."

Jülicher Expertise zum dritten IPCC-Teilbericht
Prof. Ulrich Schurr
Forschungszentrum Jülich / Ralf-Uwe Limbach

Prof. Ulrich Schurr, Institut für Pflanzenwissenschaften:
"Land- und Forstwirtschaft sind sowohl Verursacher als auch Betroffene des Klimawandels. Dabei steht die Entwicklung von nachhaltigen Produktionsmethoden für Lebens- und Futtermittel, aber auch der Einsatz von biobasierten Rohstoffen als Materialien in der Bau-, Textil- und Papierbranche oder der Chemieindustrie im Zentrum des Interesses. Neben der Energie- ist auch eine Ressourcenwende notwendig. Das wird nicht nur über die Produktion von neuen Biomassen erfolgen können. Vielmehr muss eine Kreislaufwirtschaft auf der Basis biologischer Systeme auch Rest- und (bisherige) Abfallstoffe in die Nutzung als Wertstoffe zurückführen. So kann die Konkurrenz um wertvolle Landflächen reduziert und Produktivität erhalten werden. Gesellschaftlicher Dialog ist dabei essenziell, um Nutzungen für Produktion und zum Schutz der Natur auszubalancieren. Respektvoller Dialog erfordert aber auch die Bereitschaft von Kunden für nachhaltig produzierte Produkte einen angemessenen Preis zu bezahlen. CO2-Zertifikate können nur der Anfang sein. Insgesamt wird es für die Menschheit wesentlich (kosten-)günstiger sein, schon das Wirtschaften nachhaltig zu gestalten und nicht erst Schäden teuer zu reparieren."



Weitere Informationen:

Website der Helmholtz-Klima-Initiative mit weiteren Statements von Wissenschaftler:innen

Website des Deutschen Klima-Konsortiums (DKK)

Website der Deutschen IPCC-Koordinierungsstelle

Institut für Bio- und Geowissenschaften, Bereich Pflanzenwissenschaften (IBG-2)

Institut für Bio- und Geowissenschaften, Bereich Agrosphäre (IBG-3)

Website BioökonomieREVIER



Ansprechpartner:
Prof. Nicolas Brüggemann
Tel. 02461 61-8643
E-Mail: n.brueggemann@fz-juelich.de


Dr. Alexander Graf
Tel.: 02461 61-8676
E-Mail: a.graf@fz-juelich.de


Prof. Ulrich Schurr
Tel.: 02461 61-3073
E-Mail: u.schurr@fz-juelich.de



Pressekontakt:
Erhard Zeiss, Pressereferent
Tel.: 02461 61-1841
E-Mail: e.zeiss@fz-juelich.de

Letzte Änderung: 11.01.2024