Forschung mit Neutronen für bessere mRNA-Medikamente

Jülich, 3. Mai 2021. Spätestens, seit die ersten mRNA-Impfstoffe gegen das SARS CoV2-Virus in Deutschland zugelassen sind, ist der Begriff mRNA auch über Fachkreise hinaus bekannt. Weniger bekannt ist, dass sich mit Hilfe der "Boten-RNA" (engl. "messenger RNA", kurz mRNA) nicht nur Impfstoffe herstellen lassen. Rund 50 Verfahren zur Behandlung von Krankheiten, darunter Krebserkrankungen, werden bereits in klinischen Studien untersucht. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Pharma-Unternehmens AstraZeneca haben nun mit Unterstützung von Neutronenforschern des Forschungszentrums Jülich herausgefunden, wie sich die subkutane Verabreichung von mRNA verbessern lässt. Ziel ist, dass chronisch kranke Patienten sich den Wirkstoff regelmäßig selbstständig verabreichen können.

mRNA dient in unseren Zellen als Blaupause für die Produktion von Eiweißmolekülen. mRNA-Medikamente könnten deshalb Proteine direkt im Körper des Patienten entstehen lassen, gezielt an der Stelle, wo sie benötigt werden. Neben Krebsleiden sind viele weitere Krankheiten potentiell behandelbar: Bluterkranke etwa, bei denen die Produktion eines Gerinnungsfaktors gestört ist, können durch Verabreichung der Blaupause für eben diesen Faktor therapiert werden. Nach Herzinfarkten oder Schlaganfällen könnte injizierte mRNA die Bildung von Proteinen ermöglichen, die neue Blutgefäße wachsen lassen.

Im Vergleich zu den derzeitigen Therapeutika ist die Produktion von mRNA schneller und flexibler möglich, da mRNA leicht hergestellt werden kann und der Prozess unabhängig von der mRNA-Sequenz ist. Darüber hinaus ermöglicht die Technologie, schnell personalisierte Medikamente zu entwickeln, und Proteine im Körper über einen längeren Zeitraum und mit ansonsten schwer zu realisierenden Modifikationen herzustellen.

mRNA wird im Körper rasch von allgegenwärtigen Enzymen abgebaut. Es gilt zu verhindern, dass dies passiert, bevor die mRNA die Zellen erreicht, in denen die Proteinsynthese stattfindet. Zudem muss sichergestellt sein, dass der Botenstoff in die richtigen Zellen gelangt und dies in ausreichender Menge. Auch wenn es Verfahren gibt, bei denen die "nackte" mRNA verabreicht wird, sind eine sichere Verpackung und eine Art Adressaufkleber weitaus effizienter.

Ein fortschrittliches Verpackungssystem sind so genannte Lipid-Nanopartikel (LNP), winzige Bläschen aus einer Mischung unterschiedlicher fettartiger Substanzen. Jede von ihnen erfüllt eine spezielle Aufgabe, etwa die Stabilisierung des Konstrukts oder die Auslieferung in die Zelle.

Bei intravenöser oder intramuskulärer Verabreichung erfüllen die LNP ihre Zwecke bereits ausreichend gut. Unter die Haut verabreicht lösen die LNP jedoch eine signifikante Entzündung aus. Diese subkutane Anwendung wäre Voraussetzung, dass Patienten sich selbst das Medikament spritzen könnten, so wie Diabetes-Patienten es mit Insulin können. Vor allem für chronische Krankheiten, bei denen regelmäßige Gaben des Medikaments nötig sind, wäre das von Vorteil.

Letzte Änderung: 20.07.2021