Was macht man eigentlich als… Referent oder Referentin im Vorstandsbereich?
Am Forschungszentrum Jülich besteht der Vorstand aus fünf Mitgliedern, die gemeinsam die Geschäfte des Forschungszentrums führen. Das Vorstandsbüro organisiert die verschiedenen Sitzungen des Vorstands und übernimmt administrative Tätigkeiten für ihn. Außerdem fungiert es u. a. als zentraler Kontakt für Ministerien, Wissenschaftsorganisationen und andere Einrichtungen.
Unterstützt werden die Vorstandsmitglieder in ihren Bereichen jeweils individuell von persönlichen Referentinnen und Referenten. Im Vorstandsbüro sind Referentinnen und Referenten dagegen für die vielen gemeinsamen Sitzungen der Vorstandsmitglieder zuständig. Der Arbeitsalltag ist abwechslungsreich und herausfordernd – doch was genau macht den Job als Referent bzw. Referentin im Vorstandsbereich aus? Im Interview berichten drei Kolleginnen von ihren persönlichen Erfahrungen.
Was hat Sie dazu motiviert, eine Referentinnen-Position im Vorstandsbereich anzutreten?
Stefanie Vus: Nachdem ich erste Berufserfahrung im Wissenschaftsmanagement sammeln konnte, war ich auf der Suche nach einer neuen Herausforderung. Im Career Center & Postdoc Office des Forschungszentrums informierte ich mich über Fort- und Weiterbildungsmöglichkeiten und wurde auf die Stelle der Vorstandsreferentin für den Bereich Lebenswissenschaften aufmerksam gemacht. Als ich mich schließlich beworben hatte, schlugen durchaus zwei Herzen in meiner Brust. Denn ich mochte meine damalige Tätigkeit im INM-5, da sie mir ermöglichte, weiterhin nah an der aktiven Forschung zu arbeiten. Gleichzeitig reizte mich die Chance, einen tiefen Einblick in die Führungsebene, das Management und die strategischen Belange eines so großen Forschungszentrums zu erhalten.
Sabrina Röttger-Wirtz: Bei mir waren es vor allem die organisatorischen und Management-Aspekte meiner Arbeit sowie die Gremienarbeit in meiner Fakultät, die mir immer viel Spaß gemacht haben. Je mehr ich über das Wissenschaftsmanagement als Berufsfeld lernte, desto klarer wurde mir, dass ich dort meine berufliche Zukunft sehe. Als ich dann die Stellenanzeige für eine persönliche Referentin des Vorstandsvorsitzenden am Forschungszentrum sah, habe ich mich beworben. Ich war mir sicher, dass ich hier viel lernen kann: Wo kann man besser Erfahrungen im Wissenschaftsmanagement sammeln, als so nah an der höchsten Managementebene einer der größten Forschungseinrichtungen in Europa?
Jennifer Pahlke: Auch mir war nach der Promotion klar, dass ich in einem wissenschaftsnahen Umfeld arbeiten möchte, ohne die klassische wissenschaftliche Laufbahn weiterzuverfolgen. Meine Erwartung war, im Wissenschaftsmanagement meine Freude an der Zusammenarbeit mit Menschen, der Organisation und Kommunikation stärker in den Fokus meines Arbeitsalltags rücken zu können. Mich reizte der Perspektivwechsel und die Möglichkeit, in unmittelbarer Nähe zum Vorstand einer außeruniversitären Forschungseinrichtung arbeiten zu können. Das Forschungszentrum Jülich ist zudem ein Arbeitgeber, der im Auftrag der Wissenschaft und der Gesellschaft tätig ist und Ziele verfolgt, die ich gut mit meinen persönlichen Werten übereinbringen und vertreten kann.
Wie sieht Ihr Arbeitsalltag aus?
Jennifer Pahlke: Im Vorstandsbüro erhalte ich neben Einblicken in die Arbeitsweise des Vorstands auch interessante Einblicke in übergreifende und interdisziplinäre Themen. Aus der „Vogelperspektive“ begleite ich Themen, die oftmals in Zusammenhang mit aktuell drängenden und herausfordernden Fragen der Gesellschaft stehen.
Sabrina Röttger-Wirtz: Auch wir bekommen als persönliche Referentinnen eines Vorstandsmitglieds Einblicke in das Zentrum als „Gesamtorganismus“. Diese reichen von der Finanzplanung, über Berufungsangelegenheiten, bis hin zur strategischen Ausrichtung. Es ist so abwechslungsreich, da möchte ich eigentlich gar nicht von Alltag sprechen. Es wird nie langweilig und gerade am Anfang ist die Lernkurve enorm. Die Vielzahl der Aufgaben und die recht hohe Arbeitslast sind dabei natürlich auch herausfordernd.
Stefanie Vus: Da kann ich Sabrina nur zustimmen: „Alltag“ ist bei uns das, was zwischen den Aufgaben passiert, die man sich eigentlich für den Tag vorgenommen hat. Als persönliche Referentinnen arbeiten wir sehr eng mit unseren Vorständinnen und Vorständen und den Sekretariaten zusammen. Dabei herrscht hoher Zeit- und Termindruck und es kommt häufig vor, dass spontan dringende Arbeitsaufträge anfallen. Das muss man auch aushalten können - man sollte also flexibel sein und priorisieren können.
Sabrina Röttger-Wirtz: Ja, der Kern der Arbeit besteht darin, das eigene Vorstandsmitglied durch die Vor- und Nachbereitung von Terminen und die Bereitstellung von Informationen zu unterstützen. Wir nehmen regelmäßig an Sitzungen teil und bereiten die Gremienarbeit des Vorstands zusammen mit dem Vorstandsbüro vor.
Jennifer Pahlke: Auch bei mir gehören die Vor- und Nachbereitung von Sitzungen des gesamten Vorstands sowie weiterer Organe und Gremien, beispielsweise des Aufsichtsrats und des wissenschaftlichen Beirats, zu meinen Hauptaufgaben. In Zusammenarbeit mit den Beteiligten innerhalb des Forschungszentrums begleite ich die Erstellung von Entscheidungsvorlagen für eine formale Beschlussfassung durch den Vorstand. Zudem bereite ich die Beratung von aktuellen Themen in den verschiedenen Sitzungsformaten vor.
Stefanie Vus: Sabrina und ich unterstützen die Vorstandsmitglieder zudem auch, indem wir Vorträge, Reden und Grußworte vorbereiten oder Entscheidungshilfen erstellen. Auch die Organisation und Vorbereitung von Retreats und Workshops gehören zu unseren Aufgaben. Wir arbeiten, insbesondere wenn es um Themen der Finanzplanung und Berufungen geht, stets in enger Abstimmung mit den dezentralen und der zentralen Verwaltung. Dabei fungieren wir als Schnittstelle zwischen den Instituten und dem Vorstand. Man kann sich ein unglaublich großes Netzwerk aufbauen und erhält Einblicke in die Arbeit vieler interessanter und inspirierender Menschen, von denen man lernen kann. Dies empfinde ich als großes Privileg. Die gute Zusammenarbeit im Team ist zudem das, was mich in besonders arbeitsintensiven Phasen ermutigt und motiviert.
Sabrina Röttger-Wirtz: Mir geht es genauso!
Jennifer Pahlke: Die Zusammenarbeit im Team und mit Kolleginnen und Kollegen aus unterschiedlichen Organisationseinheiten sowie die häufig wechselnden, vielfältigen Themen gefallen auch mir besonders gut. Spontanität ist dabei stets an der Tagesordnung, denn es kommt immer anders als geplant. Eine gute Zusammenarbeit ist dabei die Basis für unseren Erfolg im Alltag.
Inwiefern unterscheidet sich eine Position als Vorstandsreferentin oder von anderen Referentinnen-Positionen z.B. in den wissenschaftlichen Instituten?
Stefanie Vus: Durch meine vorherige Tätigkeit im INM-5 habe ich eine sehr gute Vergleichsmöglichkeit. Meine Arbeit als wissenschaftliche Referentin war wesentlich näher an der aktiven Forschung. Als Referentin in einem Institut hat man Gelegenheit, eigene Forschungsideen einzubringen, Forschungsergebnisse zu diskutieren und an wissenschaftlichen Publikationen zu arbeiten. Bei der Arbeit als Vorstandsreferentin spielen übergeordnete strategische und (forschungs-)politische Thermen eine viel größere Rolle.
Sabrina Röttger-Wirtz: Die weitere Entfernung zur aktiven Forschung nehme ich auch wahr. Außerdem begleiten wir Projekte selten von Start bis Ende, sondern helfen oft eher dabei, Teile der Prozesse umzusetzen.
Welche Unterschiede mit Blick auf das Aufgabenspektrum – auch im Vergleich zu den Vorstandsreferentinnen und -referenten – erleben Sie, Frau Pahlke?
Jennifer Pahlke: Meine Position ist breiter gefasst. Ich arbeite nicht, wie Steffi und Sabrina, ausschließlich einem Vorstandsmitglied zu, sondern allen Vorstandsmitgliedern im Rahmen des Gremienmanagements. Damit steige ich in die jeweiligen Zuständigkeitsbereiche weniger tief ein. Zudem bin ich eher koordinativ unterwegs und weniger in die konkrete Ausarbeitung und Umsetzung von Maßnahmen und Projekten involviert. Im Vorstandsbüro gibt es vermutlich mehr regelmäßig wiederkehrende Aufgaben und der Anteil an Teamarbeit sowie an Formalia ist noch deutlich höher.
Welche Fachkenntnisse und Kompetenzen sollten Kandidatinnen und Kandidaten mitbringen, die eine Position als Referent bzw. Referentin im Vorstandsbereich anstreben?
Sabrina Röttger-Wirtz: Was die Fachkenntnisse betrifft, geht es meiner Erfahrung nach vor allem um ein grundlegendes Verständnis des Wissenschaftssystems. Durch unsere unterschiedlichen Werdegänge im Team der Referentinnen und Referenten ergänzen wir uns außerdem sehr gut. Viel wichtiger als Fachwissen sind Soft Skills wie analytisches Denken, Organisationstalent und Flexibilität. Man braucht zudem die Bereitschaft und die Fähigkeit, sich schnell in neue, komplexe Sachverhalte einzudenken.
Stefanie Vus: Das sehe ich auch so. Das Themenspektrum der einzelnen Vorstandsbereiche ist so breit, dass man es mit den eigenen fachlichen Kenntnissen höchstens anteilig abdecken kann. Wichtig ist meiner Meinung nach eine serviceorientierte Arbeitsweise, denn als persönliche Referentin bzw. persönlicher Referent unterstützt man vor allem ein Vorstandsmitglied. Da zwischen den Terminen häufig nur wenig Zeit für Absprachen bleibt, ist außerdem eine gute Kommunikationsfähigkeit und ein gewisser Weitblick gefragt. Es hilft, die anfallenden Aufgaben frühzeitig und selbstständig zu erkennen.
Jennifer Pahlke: Bei uns im Vorstandsbüro ist es ähnlich. Unser Ziel besteht darin, eine möglichst vielfältige Expertise an Bord zu haben. Meine Kolleginnen und Kollegen sind Juristinnen und Juristen, Natur- und Sprachwissenschaftlerinnen und -wissenschaftler. Auch bei uns spielen, unabhängig vom Background, überfachliche Kompetenzen eine wichtige Rolle – neben den bereits genannten sind es insbesondere Freude an der Arbeit im Team und an der Gesamtleistung, eine strukturierte Arbeitsweise, eine hohe Belastbarkeit, schnelles Denken und Mitdenken, Empathie, ein hoher Qualitätsanspruch und Freude an dienstleistungsorientiertem Arbeiten.
Ist eine abgeschlossene Promotion eine notwendige Voraussetzung für eine solche Position?
Jennifer Pahlke: Eine Promotion ist kein „Muss“. Aus meiner Sicht ist die Promotion aber von Vorteil, da man in dieser Zeit neben der Bearbeitung komplexer Themen sehr viel über sich selbst lernt, auch sich selbst zu managen und zu strukturieren. Die Promotion kann außerdem helfen, sich noch besser in die Perspektive der „Kundinnen und Kunden“, also der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, hineinzuversetzen.
Stefanie Vus: Das kann ich nur unterstützen! Die überfachlichen Kompetenzen, die ich während der Promotion entwickelt habe, helfen mir in meinem Arbeitsalltag immens. Man wird belastbarer, lernt mit Rückschlägen umzugehen und eigenverantwortlich zu arbeiten.
Sabrina Röttger-Wirtz: Hinzu kommt, dass eine Promotion dabei hilft, Partnerinnen und Partnern aus der Wissenschaft auf Augenhöhe zu begegnen. Die Promotion ist schließlich auch eine Art Initiation in die Welt der Wissenschaft.
Vielen Dank für die Einblicke! Welche abschließenden Tipps haben Sie für Kandidatinnen und Kandidaten, die sich für eine Position als Referentin oder Referent im Vorstandsbereich interessieren?
Sabrina Röttger-Wirtz: Ich wusste, um ehrlich zu sein, zum Zeitpunkt meiner Bewerbung noch gar nicht so genau, was mich erwartet. Vieles hat sich durch Gespräche im Bewerbungsprozess geklärt. Ich kann allen Interessierten nur empfehlen, die Bewerbungsphase zu nutzen, um die für sie wichtigen Informationen einzuholen. Wer noch in der aktiven Wissenschaft ist, sollte sich zudem überlegen, ob er oder sie bereit ist, diese hinter sich zu lassen und sich voll dem Wissenschaftsmanagement zu widmen. Denn ein Weg zurück ist nur schwer möglich.
Stefanie Vus: Man sollte sich auch fragen, ob man bereit ist, in die zweite Reihe zu treten. In der aktiven Forschung zahlt die eigene Arbeit meist auch auf die eigene Sichtbarkeit und Unabhängigkeit ein. Bitte nicht missverstehen: Man arbeitet auch als Referentin bzw. Referent im Vorstandsbereich sehr selbstständig, aber vorwiegend im Hintergrund. Außerdem werden der Tagesablauf und die Inhalte der Arbeit durch den Kalender und die Aufgaben des Vorstands bestimmt – dessen sollte man sich bewusst sein. Ich habe genau wie Sabrina den Bewerbungsprozess genutzt, um mir ein möglichst klares Bild von der Stelle und den Anforderungen zu verschaffen. Aus eigener Erfahrung kann ich sehr empfehlen, das persönliche Gespräch zu suchen, um offene Fragen zu klären. Auf diese Weise knüpft man auch bereits erste Kontakte.
Alle drei Kolleginnen sind sich einig: Wer weitere Fragen hat, mehr über den Arbeitsalltag erfahren möchte oder noch unschlüssig ist, ob eine Referentinnen- oder Referentenposition im Vorstandsbereich das Richtige für einen ist, kann sich jederzeit gerne melden! Die Kolleginnen stehen für tiefere Einblicke und Rückfragen gerne, auch in einem Telefonat, zur Verfügung.
- Sabrina Röttger-Wirtz | s.roettger-wirtz@fz-juelich.de
- Stefanie Vus | s.vus@fz-juelich.de
- Jennifer Pahlke | j.pahlke@fz-juelich.de
Hinweis: Das Interview wurde im Februar 2023 geführt.